Mittwoch, 2. April 2014

Sonne auf Balkonien

So sitze ich hier auf meinem schönen Balkon mitten im Kreis 9, geniesse den heissen, starken Kaffee und blinzle in die Sonne. Die Vögel zwitschern wilde Sonetten, womöglich sind es Balzrufe. Oder vielleicht erzählen sie sich gegenseitig Geschichten von angekackten Autos. Oder vom Ausflug in den Süden. Oder vielleicht schwatzen sie über das Wetter. Über neueste Flirts. Wer weiss das schon. Jedenfalls übertönen sie die quiekenden Kinder, die im Garten rumtollen, die Katzen jagen und den armen, schwarzen, süssen Hasen an den Ohren rumtragen. Es ist warm. Ja, schon fast heiss. Die Jeans klebt an meinen Beinen wie Honig, der Schweiss findet seine Bahnen und kitzelt meine Haut. Der Frühling ist da! Heureka! Oder ist das schon der Sommer?

Der Kaffee schmeckt köstlich. Die Luft riecht nach frisch gemähter Wiese und Sonnencrème. Ein lästiges Summen stört meinen Frühlingskaffee. Ein Hummeli fliegt nervös umher, als hätte es etwas wichtiges verloren. Hmm. Ach, Hummelis sind ja süss, die stechen nicht und sind rund wie eine Blumenknospe. Die wollen nur Hallo sagen. Na dann, hallo, liebes Hummeli! Mein Balkon ist auch deiner. Aber dein nervöses Gefliege stört meine andächtige Kaffeepause ein wenig. Setz dich doch. Nein, doch nicht IN DEN KAFFEE! 

Ich versuche, das arme Tierchen zu retten, springe auf, um Haushaltspapier zu holen, das fliegende Pelztierchen kämpft um sein Leben. Mein Rettungsversuch endet damit, dass ich mit voller Wucht gegen die Balkontüre renne, taumle, Sterne funkeln auf - ist denn schon Nacht?! - ich fange mich wieder, und als ich heldenhaft mit der Papierrolle zurückkehre, hatte sich das Insekt schon selbst gerettet und sonnt sich seelenruhig auf dem Rand der Tasse. 

Learning: auch wenn du in der Klemme sitzt, solltest du dich nie auf andere verlassen. Auch nicht, wenn sie es ja gut meinen. Bis dahin, einen schönen Frühlingsbeginn euch allen! 

Dienstag, 4. März 2014

Back for good.

Dieser Blog mutiert zum jährlichen Treffen meiner Selbst. Sagenhafte elf Monate ist es her, seit ich mich mit dieser Seite und auch meinen letzten Texten auseinandergesetzt habe. Elf Monate. Die Elf ist meine Lieblingszahl. Zufall? Schicksal? Illuminati? Bam!

Jedenfalls ist es lange her. Vieles ist passiert, Gutes und Schlechtes. So wie das Leben halt so spielt. Ausgezogen aus der Wohnung mit Lieblingsbalkon, doch auch nur dieser und die Katze liessen mich noch dort glücklich verweilen, der Rest war nur noch emotionaler aber auch wirklicher Müll. Und dies so weit das Auge reichte. Aber gut, das Haus ist jetzt weg, wortwörtlich, nur noch ein Haufen Geröll erinnert an diese Zeit. Veränderungen sind wichtig, Veränderungen bestimmen unser Leben. So bin ich nun im lauschigen Kreis 9, mitten in einer Siedlung, die vor allem aus Rentnern besteht, wo das Einzige, was mich aus dem wohligen Schlaf weckt, die Gesänge der Vögel sind. Wo der Üetliberg zum Greifen nah ist und wo es mir gut geht. Richtig gut. Der Kaffee schmeckt hier auf dem Balkon auch besser. Viel besser.

Nun sitze ich also hier, mit Kaffee und Zigaretten (Ja, das hat sich dafür nicht wirklich verändert, immer noch die gleiche Marke), schaue aus dem Fenster und höre den Regentropfen zu. Es ist so leise, dass ich fast die Regenwürmer höre, wie sie aus dem Boden schiessen und sich im kalten nass suhlen. Schön. 

Wie die Zeit vergeht. Menschen kommen und gehen, manche will man nie wieder loslassen, manche tauchen ab und man merkt, wie gut es einem plötzlich wieder geht ohne sie. Feiern, Trinken, Shots aufs Haus, Bekanntschaften und Liebschaften, Tränen, Schweiss, Hoffnung, Jubel, Trubel, Heiterkeit. Hossa.  

Und ja, man wird älter. Sind ja keine Benjamin Buttons.

In genau 5 Monaten und 4 Tagen werde ich 30 Jahre alt. Alt. Alt. ALT! Fuck. Nun, eigentlich sollte mir das ja egal sein, man ist so alt, wie man sich fühlt, oder. Doch uff, 30 Jahre alt zu werden, nun, da stellt man sich schnell einige Fragen. Bin ich angekommen? Bin ich jetzt erwachsen? Was bin ich? Wer bin ich? Was mache ich? Ist es das jetzt oder war es das schon? Nebst diesen Fragen, die ich mir in letzter Zeit immer wieder stelle, auch dank eines eeeeeetwas jüngeren Herzmenschen, der mir dies immer wieder gerne hämisch unter die Nase reibt, dass ich ja schon ziemlich alt sei (natürlich witzig gemeint), mündet diese Feststellung, bald die 3 am Rücken zu haben, in echte Rückenschmerzen. Inklusive Nackenversteifung. Merci. Verdammt. 

Heisst also, ich muss mit Sport beginnen. Juhuu. Ich mag Sport nicht wirklich. So gar nicht. Lieber gehe ich seniorenmässig für 3 Stunden im Wald spazieren, statt mich in swingerclub-ähnlichen Studios 30 Minuten in grellem Neonlicht abzustrampeln, zusammen mit schweissgebadeten, top-trainierten Menschen. Diese keuchenden Sportfanatiker sehe ich jedes Mal, wenn ich mir in der Migros am Bahnhof einen Dessert kaufen gehe. Nein danke. Ohne mich. 

Was bleibt also einem Sporthasser wie mir denn nun noch? Genau: Yoga. Der Sport für die faulen Leute, wie ich es auch gerne nenne. Doch bis ich dann endlich mal in eine Stunde schaffe, rede ich zuerst drei Wochen darüber. Hey, immerhin. Der Wille ist schon mal da. Step by Step. Der innere Schweinehund bekämpfen. Aber langsam, sonst erschreckt er. Wir wollen ja niemanden erschrecken. Jedenfalls werde ich euch auf dem Laufenden halten, wie es sich mit meinen Yogastunden macht. Oder vielleicht auch nicht. Wir werden sehen. 

Alles wird gut. Und das weiss ich. Auch wenn es nicht immer rosig zu und her geht. Leben halt. Und somit schliesse ich für heute mit einer kleinen Anekdote aus meiner neuen Wohnsituation.

Sonntagmorgen, 08:15 Uhr

Endlich Feierabend. Endlich zuhause. Endlich schlafen.

Doch, zu früh gefreut. Etwas wackelig auf den Beinen, da zu hohe Shuhe und etwas zu viel Alkohol, versuche ich die Wohnungstüre aufzuschliessen. Es klemmt. Hmm. Falscher Schlüssel? Nein. Ich versuche es erneut. Das Schloss macht keinen Wank. Hmm. Falsche Wohnung? Ich zähle die Stockwerke und schaue um mich. Ach ja, ich könnte ja auch auf die Klingel schauen. Doch, stimmt. Richtiges Stockwerk, richtige Wohnung. Nun ja. Heisst also, meine liebe Mitbewohnerin, die ich auch liebevoll "Mitbi" nenne (Ja, Abkürzungen sind wichtig!), hatte leider die Türe abgeschlossen und den Schlüssel im Schloss stecken lassen.  

08:30 Uhr

Ich läute sturm. Immer und immer wieder. In der Wohnung tut sich nix. Klopfe, klopfe, klingle, klingle, chancenlos. Hämmere an die Türe, langsam werde ich etwas ungeduldig. Was nun? Die pennt. Und wenn sie pennt, dann pennt sie. Hmm. Mit Ach und Krach setze ich mich vor die Wohnungstüre (Ja, der Rücken...!) und zünde mir eine Zigarette an. Meine Schuhe habe ich auch schon längst ausgezogen, nun sitze ich hier wie ein vergessener Hund vor der Migros. Anrufen? Fehlanzeige! Mein Natel war zu diesem Zeitpunkt aus nicht weiter eingzuehenden Gründen gesperrt (jahaa, ich habe vergessen, die Rechnung zu bezahlen. Mit 30 darf mir das dann nicht mehr passieren, Verantwortungsbewusstsein und so), so konnte ich meiner lieben Mitbi auch nicht anrufen. Wobei ich daran zweifle, dass sie das überhaupt gehört hätte. Denke nicht. 

08:45 Uhr 

Seit einer geschlagenen halben Stunde klopfe, läute und rufe ich. Leider ergebnislos. Meine Schminke ist schon fast ganz ab, mein Kopf schmerzt, der Kater erwacht und ich will einfach nur noch ins Bett. Was jetzt? Spazieren in diesen Schuhen: Fehlanzeige! Und nur in den Socken draussen herumlaufen ist auch nicht die beste Idee. Sonst ruft noch jemand das Gelbe Wägeli. Gut. Also. Dann müssen halt die Nachbarn her. 

09:15 Uhr

Nach weiteren Versuchen, die Mitbi zu wecken, gebe ich mich geschlagen und läute hilflos, betrunken und auch ziemlich bekifft bei unseren lieben Nachbarn, einem scheuen Seniorenpaar. Ich fühlte mich dreckig, ungewaschen und unglaublich übernächtigt, doch was blieb mir anderes übrig? Im Treppenhaus zu schlafen ist auch nicht gerade toll, vor allem mit diesem Rückenleiden. Bin ja auch keine 20 mehr. Nun gut. 

Eine ältere Dame öffnet die Wohnungstüre, schaut mich fragend an und lässt ihren Blick von meinem Kopf bis zu den Schuhen (also Socken) schweifen. Etwas übereilig und etwas zu schnell erkläre ich ihr meine Not, doch weiss ich nicht wirklich, wie sie mir überhaupt helfen könnte. Doch irgend etwas muss ich doch tun! Sie bittet mich rein in ihre Wohnung, die genauso aussieht wie unsere, doch ganz, ganz anders. Der lange Gang wurde mit hübschen Clownbildern behängt, auf den alten, dunkelbraunen Kommoden tummeln sich Glasfiguren; Kängurus, Eulen, Pferde, undefinierbare Wesen, vielleicht Enten? Ich stoppe und schaue mir diese Figuren an. Die Nachbarin beobachtet mich fragend. "Kaffee?" - "Oh, sehr gerne!". Ich stehe plötzlich vor einem gedeckten Frühstückstisch, der Herr des Hauses sitzt gemächlich in seinem Sessel und blättert in der SonntagsZeitung. Etwas scheu setze ich mich zu ihm, begrüsse ihn lächelnd und schlürfe aus der geblümten Kaffeetasse. Ahhh. Guter Kaffee. Er schaut kurz auf, ein leichtes Lächeln huscht über sein Gesicht, bevor er mir wortlos seine schon gelesenen Zeitungsbünde hinstreckt. 

Welch ein Szenario. Die übernachtigte, wohl ziemlich nach Alkohol und Rauch stinkende junge Nachbarin hockt am Sonntagmorgen in einer fremden Wohnung, lässt sich mit Kaffee bedienen und schaut Langlauf im Olympialand. Ich schiele auf den Balkon. Ahh, eine Zigarette, wie gut das jetzt wäre. Doch aus Anstand und Respekt belasse ich dies auch nur meiner Fantasie, rauchen kommt bei den Älteren ja nicht gut an. Will ja kein schlechtes Bild abgeben. Ha ha. Plötzlich plappere ich drauflos, selber erstaunt von meiner wiedergefundenen Energie. War wohl der heisse Kaffee.

09:30 Uhr
 
Nun versucht es sogar der Nachbar. "Er kümmere sich darum", meint er nur, bevor er aufsteht um mich aus dieser verflixten Misere zu retten. Doch auch sein Hämmern, Klopfen und Läuten nützt nichts, worauf er sich wieder zurück auf seinen Thron setzt und wortlos weiterliest. Schlüsseldienst anrufen? Hab doch kein Geld, verdammt! Langsam mache ich mir echte Sorgen. Was, wenn die Mitbi gestürzt ist? Blöd umgefallen und Kopf ab? Blöd umgefallen und Genick gebrochen? Umgeknickt in den High Heels und auf den Rand des Chéminées gelandet und Kopf ab? Ich schaue wohl zu viele Krimis. Ich lasse mir neuen Kaffee servieren und höre mich schwatzen. Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung mehr, was ich ihnen genau erzählt habe, doch musste es mit meiner Arbeit zu tun haben. Was ich noch weiss ist, dass ich ihnen erzählte, dass ich die ganze Nacht arbeiten musste. Die Antwort der Nachbarin darauf: "Ja, das kenne ich. Meine Schwiegertocher ist auch Krankenschwester." Hä? Auch? Ah. Hmm. Ich habe ihnen also gar nicht erzählt WAS genau ich nachts arbeite. Doch lieber lasse ich sie in dem Glauben, Krankenschwester zu sein, statt zu erklären, dass ich ja eigentlich in einem Club arbeite, so an der Bar und auch sonst halt so nachts, als Abendbetreuung oder was auch immer. Eine Art Krankenschwester ist das ja auch. 

Ich blättere in den Gelben Seiten. Muss schon Jahre her sein, seit ich das letzte Mal in den Gelben Seiten geblättert habe. Ich glaube sogar, das letzte Mal war noch in der "Fundgrueb". Die war doch auch gelb, oder? Muss Jahre her sein. Jedenfalls suche ich nach einem Schlüsseldienst in Altstetten. Davon gibt es ungefähr 3'000. Mann, weiss doch auch nicht! Ich schlage das dicke Buch wieder zu und widme mich dem Kaffee inklusive blumiger Untertasse und der SonntagsZeitung. Vielleicht gibt es ja zufälligerweise einen Bericht, wie man am Besten in die eigene Wohnung einbrechen kann? Ich schiele wieder auf den Balkon. Hmm. Vielleicht kann ich ja über den Balkon auf unseren Balkon klettern? Nein. Nein! Keine gute Idee. Sonst ist mein Genick dann gebrochen oder der Kopf ab. Bin ja nicht gerade die sportlichste. Meine Arme kleben immer wieder an der weissen Plastik-Tischdecke. Es gibt Zopf, selbstgemachte Konfitüre, Butter und Honig. Doch mir ist nicht wirklich nach Essen zumute. Aber so gar nicht. Kaffee.

10:15 Uhr

So. Es reicht. Diese zwei Stunden waren gefühlte 24 Stunden. Ich möchte schlafen. Ich möchte in mein Bett. Ich möchte meine Trainerhosen anziehen und meine flauschigen Finken an den Füssen haben. Ein weiteres Mal klopfe, hämmere, poldere ich an die Wohnungstüre, genervt, ja, mehr als das, ich bin echt wütend. 

Und dann, ein Zeichen! Halle-fucking-luja! Sie ist aufgewacht! Auferstanden! Ein Wunder! Völlig verpennt, zerzaust und verwirrt schliesst die Mitbi die Türe auf und ich kann nicht anders, als sie anzuschreien. Was denn ihr Problem wäre, wieso sie mein zweistündiges Klopf-und-Läut-Konzert nicht gehört habe, dass ich mir schon echte Sorgen gemacht hatte! Ich verabschiede mich mit vielen Dankeschöns bei meinen rettenden Nachbaren und verschwinde in meinem Zimmer. Meine Wut ist natürlich schnell verflogen, sie hatte es ja nicht mit Absicht gemacht. Ich bin einfach nur noch froh, mich in meinem Bett einzukuscheln und den ganzen Sonntag zu verpennen. 

Als Dankeschön habe ich den Nachbarn ein kleine Aufmerksamkeit aus der Confiserie mitgebracht. Natürlich auch, um bei zukünftigen Zusammentreffen auch wieder so herzlich empfangen zu werden. Die Konsequenz dieses Schloss-Szenarios ist nun folgendes: Wir haben im Estrich eine Notschlafstelle eingrichtet. Mit einer Matratze, Kissen und Snacks. Not macht erfinderisch. 


 

Dienstag, 2. April 2013

Grau in Grau

Ich weiss. Man sollte aufhören zu jammern. Man sollte mal zufrieden sein. Man sollte. Man müsste. Man könnte ja eigentlich. Bullshit! Dieses verdammte Scheisskackpisskotzwetter macht mich aber wirklich, aber wirklich noch wahnsinnig! Schon seit sechs Monaten haben wir Winter in der Schweiz, huch, sind wir geographisch nördlicher gerutscht? Dass in Finnland im April noch keine Blümchen blühen, das sei anzunehmen. Aber hier? He, etz langets dänn mit diesen 50-shades-of-grey-Himmelfarben inklusive nasskalten Ergüssen hie und da. Wie das Wetter – so die Stimmung. Trist. Kalt. Hässig. Und eben grau. Genug mit Strumpfhosen, genug mit Chuenägeli, genug genug genug!
 
Jedenfalls sitze ich hier mit Kaffee und Zigaretten und schaue aus dem Fenster. Ich höre glückliche Kinderstimmen aus der Ferne, vorbeirasende Autos auf dem Weg in den wohlerkämpften Feierabend, quietschende Trams gefüllt mit fleissigen Arbeitsbienchen, motzdenen Rentnern und wenn ich ganz genau hinhöre, erkenne ich leises Schmatzen von Kebap-essenden Studenten.
In diesem Moment möchte ich mich gerne betrinken. Doch leider klafft in meinem Spirituosenlager ein grosses Schwarzes Loch. Ohne gemütserhellende Wässerchen, hier gibt's nur Sirup. Und Tee. Und natürlich Kaffee.
Lange hab ich meinen Blog vernachlässigt. Länger als gewollt. Doch eben, die Kälte hatte mich in einen winterschlaf-ähnlichen Zustand geworfen, vergleichbar mit einer textlichen Zwangsjacke. Ich hatte auf nix (naja, fast nix) Bock, kam mir wieder vor wie ein kiffender Teenager, lag rum, ass Pizza und schaute den Jungs beim gamen zu. War sogar zu faul, selber Videospiele zu spielen. Doch ha. Auch mal wieder gut, sich wie 15 zu fühlen. Penso positivo.
Doch genug gehängt, genug gepennt, genug geflennt! Der Sommer wird kommen, und zwar schon bald. Und wir werden ganz bald schon rumjammern, dass es doch viel zu heiss ist. Wir sind ja nicht in Afrika. Wartets ab.
Um die Sonnentage und schöne Glücksgefühle jetzt schon zumindest im Herzen zu erleben, empfehle ich allen, am Freitag an die "Ruhestörung" ins Exil zu kommen. Pure Drum'n'Bass steht auf dem Speiseplan. Und dank den grossen Herzen der DJs, ihrer geballten Leidenschaft zur Bassmusik und natürlich einer riesigen Portion Skills werden sie so lange spielen, bis allen die Sonne aus dem Fudi scheint und die andächtige graue Ruhe draussen massiv gestört wird. Versprochen.   

http://soundcloud.com/roberto-alfaro-4/incas-signalz


Donnerstag, 18. Oktober 2012

Ich mag keine Suppen.

Nach vier Tagen (und gefühlten vier Jahren) Lazarett und Bettruhe wegen eines fiesen Grippevirus bin ich endlich wieder auf den Beinen. Kein Schweiss mehr, der eisig kalt den Körper umhüllt, keine Brechreize dank Reizhusten, keine Fieberträume mehr (obwohl die eigentlich noch ziemlich gut waren), keine Medikamentencocktails mehr, keine Suppen mehr. Ich mag keine Suppen.  

Doch hatte meine gezwungene Auszeit auch seine guten Seiten. Mit gutem Gewissen konnte ich im Bett rumliegen, mir die übelsten Doku-Soap-Reality-Hartz4-Sendungen reinziehen, ungeschminkt mit Wollpulli und Wollsocken rumschleichen und vor allem mich im Selbstmitleid suhlen. Ach, das war schön! 

Heute Morgen packte mich die wiedergewonnene Energie, ich fühlte mich endlich wieder gut, rann mit der Katze hin und her um die Wette, trank Kaffee und genoss die Herbstsonne, die mir Vitamin D lieferte, ganz ohne Tablettenform. Bis mich die fiese Bronchitis, die ich nun als Erinnerung die nächsten paar Monate mit mir tragen muss, auf den Boden der Tatsachen zurückzerrte. Also gut, einen Marathon könnte ich jetzt noch nicht bestreiten, doch das habe ich auch nicht vor. Niemals. 

Jedenfalls hatte ich im Fieberwahn die besten Ideen, wie ich mein Leben ändern könnte. Nicht alles, nenei, ich mag mein Leben. Eigentlich. Menschen kommen und gehen. Menschen, die dir vor einem Jahr noch sehr nahe standen, zeigten ihr wahres, düsteres Gesicht. Menschen, zu denen man früher kaum Kontakt hatte, möchte man nicht mehr missen. Und so wurde diese Auszeit (ich nenne das Auszeit, weil mir ich zurzeit keine richtige Auszeit, so mit Verreisen, leisten kann) zur Retrospektive meiner geschäftlichen Tätigkeit. Altes abschliessen, Neues anfangen, alte Muster ablegen, neue Muster empfangen. Tönt alles ziemlich esoterisch, OK, es waren auch einige Kräuter im Spiel, doch ich muss sagen, dass es mir schon viel besser geht. Kopf ausmisten. So. 

Ein weiterer Punkt in meiner Liste war der Alkohol. Ich rede von Alkohol in Mengen, nicht das Glas Rotwein, das jetzt neben mir steht. Das botellonische Besaufen von Dienstag bis Sonntag – Fertig lustig! Klar, ist alles lässiger und toller mit einem guten Schwips, doch der Alkohol macht dich alt und zerfrisst dich von innen. Eigentlich sind daran auch die guten Parties schuld, die uns schon am Dienstagabend zum frohlockenden Schlürfen zwingen… Doch nein, jeder ist für sein eigenes Wohlbefinden verantwortlich. Läck, es kommt mir vor, als hätte ich mit dem Buch "Langweilige Weisheiten aus dem Internet" unter dem Kopfkissen geschlafen. 

"Äniwäis", wie der liebe C. zu sagen pflegt. Auf zu neuen Ufern! Nun, ganz neu sind sie auch nicht, doch sie wurden wieder etwas ausgemistet. Gut so. 

Und somit möchte ich euch, werte Leserinnen und Leser, auf was ganz Feines aufmerksam machen: Morgen Freitag, am 19. Oktober, erwartet alle Liebhaber des Mundart-Raps etwas ganz tolles. Meine beiden Lieblings-Rapper, namentlich BAZE und EKR treten im schmucken Revier-Club im Chreis Cheib auf. Ja, die beiden Rap-Schwergewichte an einem Abend ist wie Weihnachten und Geburi zugleich! Wäre das nicht schon der Oberhammer, legen die DJs Sterneis, Captain Teis und Kermit die ganze Nacht strikt Rap aus Zürich und Bern auf. So muss das sein. Keine Wischiwaschi Elektro-Rap-Scheisse, keine Konserven-Hits und keine Idioten. Richtiger Rap. 

Einen Video-Trailer dafür wurde von den Jungs der PS Corporation erstellt und ich muss sagen, der ist echt geil geworden, überzeugt euch selbst:




Dann bleibt mir nur noch zu sagen, wir sehen uns morgen im Revier. In neuer Manier. Und schreien es in die tiefe Nacht hinaus: ZÜRI SLAAAANG

Donnerstag, 30. August 2012

Erlaubt ist, was nicht stört.

Der Regen prasselt auf uns nieder, die Gesichter der lieben Zürcher sind noch hässiger als sonst, die Trams und Busse quietschen und platzen aus den Nähten, es ist nass, kalt und grau. Zürich im Regen gleicht einer Beerdigung auf Staatsebene. Man wettert über das Wetter, wo bleibt die Sonne? Heult doch. Es war ja heiss, viel zu heiss. Ihr konntet genug in der Badi hocken. Ich mags ja lieber etwas kühler. Muss nicht um den Gefrierpunkt sein, denn dann motz ich auch, aber wenigstens kann man bei diesem Wetter besser atmen. Und lüften. Und warme Pullis anziehen. Hallo, es ist schliesslich bald September! Mann. 

Jedenfalls sitze ich heute Mittag im 15-er Tram und höre Musik. Natürlich via Kopfhörer, denn ich bin keine 16 Jahre alt und muss meine Musik nicht mit allen teilen. Wäre mir auch etwas peinlich. Nun gut. Da sitze ich und höre trotz Beschallung meiner Ohren eine südamerikanische Sängerin im Tram "Guantanamera" singen. Ein schönes Lied. Naja. Zumindest hat sie eine schöne Stimme. 

Nach den ersten paar Tönen schnaubt mein älterer Sitznachbar schon dermassen, als würde er für einen Büffelschnaub-Wettbewerb üben. Murmelt Unverständliches vor sich hin. Nach einer Tramstation ist die Troubadourin auch schon wieder fertig mit ihrer gesanglichen Darbietung und bittet die Fahrgäste freundlich um etwas Geld. Nun schnaubt mein Sitznachbar noch heftiger als ein überhitzter Teekocher und wartet nur darauf bis sie unsere Plätze erreicht hat, um ihr mitzuteilen, dass es verboten sei, in den öffentlichen Verkehrsmitteln zu betteln und zu singen. Unterstützt wird der unausgeglichene Herr von der etwas zu fest geschminkten Menopause-Tussi, die mit geschätzten 60 Jahren immernoch "hipp" sein möchte und sich dementsprechend gekleidet hat. Weisse Jeansjacke mit Nieten. So schön. "Die sött sich gschiider en Job sueche!" raunt sie dem Herr augenrollend zu, der  ihr sofort mit übertriebenem Nicken zustimmte.  

Wahrscheinlich hat die fesche Dame selber noch nie richtig in ihrem Leben gearbeitet. Oder vielleicht auch schon, was weiss ich. Aber so wie ich sie nicht verurteile (ausser die Jacke, die geht gar nicht), sollte sie die Bettlerin / Sängerin / was weiss auch ich nicht verurteilen. Wer weiss, ob sie sich damit einfach noch einen Batzen dazu verdient. Wer weiss, vielleicht wollte sie auch einfach die Haushaltskasse bisschen aufstocken um ihren Kindern ein Geburigeschenk kaufen zu können. Leben und leben lassen, bitte. Und falls euch die Musik nicht gefällt, ja dann haut doch ab und fährt mit euren scheiss Offroadern in die Stadt. Erlaubt ist, was nicht stört. Ist so eine 2-minütige Sing-Session echt so störend? Ich finde nein.  

"Gopfätamminonemal", sage ich dem Rentner, "Etz tüend sie doch nöd eso, lönd Sie sie doch singe! Tuet ja niemertem weh! Und bitz Musig isch ja no schön wänns ja scho so grusig rägnet, oder." Es sei ja schliesslich "Guantanamera" und nicht "Guantanamo". Ohne ein Wort zu sagen steht der Greis auf und blickt mich böse an. Ich lächle ihm zu und schenke der Tramsängerin etwas Münz. Ja, natürlich. Ich weiss. Betteln ist nicht erlaubt. Ja ja, Musizieren auch nicht. Aber hey, ist doch halb so schlimm. Eure Ruhe ist ja bald wieder ungestört. Nöd brüele. Ich stehe auch auf und verlasse das Tram, der ohrenbetäubende Lärm der mindestens 500 Baustellen rund ums Bellevue machen mir das Musikhören unmöglich. Was solls. Leben und leben lassen, beruhigt euch, gibt schlimmeres auf der Welt. Oder? 

Die Ruhe wird auch am Samstag massiv gestört, aber schön legal und garantiert ohne  griesgrämige Rentner und rassige Nieten-Jacken-Damen. Denn dann findet die nächste "Ruhestörung" im EXIL statt. Dieses Mal werden die international bekannten DJs und Producer TASK HORIZON zusammen mit dem bombastischen MC SPYDA aus England ihr neues Label "EVOLUTION CHAMBER" lancieren. Mit dabei sind auch die Herren Spite, Tony Martinez, Inca und Randy. Es wird laut, es wird gut und es wird Bass geben. Viel Bass. Und wer weiss, vielleicht erscheint ja die "Guantanamera-Tram-Sängerin" als Special Guest? Wir werden sehen. Oder hören. 


Donnerstag, 16. August 2012

Züri Breeze

Die Ferien sind vorbei. Also natürlich für diejenigen, die hatten. Für alle anderen heisst es jetzt: die Stadt ist wieder voll. Die lauschigen Plätzchen für gemeinsame Zweisamkeiten werden wieder mit tollwütigen Teenies mit Alcopops und Handy-Sound gestört, der Letten gleicht einem wild gewordenem Botellon mit Fleischbeschau wie beim Metzger ums Eck und die Langstrasse erstrahlt in neuem Aargauer-und-Ostschweizer-Studi-Glanz. 

Ach. War schon schön, diese paar Wochen mit weniger Menschen. Weniger anstehen an der Bar. Mehr Platz zum Tanzen. Mehr Platz zum Leben. Keine Rush-Hour-Rangeleien in den öffentlichen Verkehrsmitteln. Und einfach weniger Arschlöcher, die einem den Tag vermiesen. Natürlich hat diese kurzlebige Geisterstadt auch seine Nachteile, schreit das Veranstalter-Herz. Der Club wird nicht mehr so schnell gefüllt, und ist es noch warm dazu, tummeln sich die lieben Gäste lieber draussen vor dem Club. Doch übel nehmen kann ich ihnen das nicht. Würde es ja auch so machen. Oder. 

Ich freue mich auf den Herbst.  

Auf Openairs verzichte ich dieses Jahr ganz. Besser für meinen Geldbeutel, für meine Leber und für meinen Schlaf. Und überhaupt habe ich keine Nerven, mich inmitten von unwissenden Kindern, die mehr Hip als Hop sind, vor irgendwelche völlig überteuerten Acts zu stellen. Ich bleibe hier, denn in unserer Stadt gibt's mehr Rap als alle hippen Openairs zusammen. Direkt, von der Strasse in dein Herz. So muss es sein. Die Openair-Aufrtitte schaue ich mir lieber zuhause auf YouTube an, ohne nervigen Nierenboxer, stinkende Outdoor-Blunts und überteuerte Bierpreise. 

Und an alle, die den Strassenrap genauso feiern wie ich und auf billigen Pseudo-Rap scheissen, denen empfehle ich wärmstens die MDMA-Remix Plattentaufe von den Herren SKOR und STEEZO morgen Abend, 17. August, im Exil. Von der Strasse in den Club, so muss es sein. Alles andere kann uns mal. Drüfach.