Dieser Blog mutiert zum jährlichen Treffen meiner Selbst. Sagenhafte elf Monate ist es her, seit ich mich mit dieser Seite und auch meinen letzten Texten auseinandergesetzt habe. Elf Monate. Die Elf ist meine Lieblingszahl. Zufall? Schicksal? Illuminati? Bam!
Jedenfalls ist es lange her. Vieles ist passiert, Gutes und Schlechtes. So wie das Leben halt so spielt. Ausgezogen aus der Wohnung mit Lieblingsbalkon, doch auch nur dieser und die Katze liessen mich noch dort glücklich verweilen, der Rest war nur noch emotionaler aber auch wirklicher Müll. Und dies so weit das Auge reichte. Aber gut, das Haus ist jetzt weg, wortwörtlich, nur noch ein Haufen Geröll erinnert an diese Zeit. Veränderungen sind wichtig, Veränderungen bestimmen unser Leben. So bin ich nun im lauschigen Kreis 9, mitten in einer Siedlung, die vor allem aus Rentnern besteht, wo das Einzige, was mich aus dem wohligen Schlaf weckt, die Gesänge der Vögel sind. Wo der Üetliberg zum Greifen nah ist und wo es mir gut geht. Richtig gut. Der Kaffee schmeckt hier auf dem Balkon auch besser. Viel besser.
Jedenfalls ist es lange her. Vieles ist passiert, Gutes und Schlechtes. So wie das Leben halt so spielt. Ausgezogen aus der Wohnung mit Lieblingsbalkon, doch auch nur dieser und die Katze liessen mich noch dort glücklich verweilen, der Rest war nur noch emotionaler aber auch wirklicher Müll. Und dies so weit das Auge reichte. Aber gut, das Haus ist jetzt weg, wortwörtlich, nur noch ein Haufen Geröll erinnert an diese Zeit. Veränderungen sind wichtig, Veränderungen bestimmen unser Leben. So bin ich nun im lauschigen Kreis 9, mitten in einer Siedlung, die vor allem aus Rentnern besteht, wo das Einzige, was mich aus dem wohligen Schlaf weckt, die Gesänge der Vögel sind. Wo der Üetliberg zum Greifen nah ist und wo es mir gut geht. Richtig gut. Der Kaffee schmeckt hier auf dem Balkon auch besser. Viel besser.
Nun sitze ich also hier, mit Kaffee und Zigaretten (Ja, das hat sich dafür nicht wirklich verändert, immer noch die gleiche Marke), schaue aus dem Fenster und höre den Regentropfen zu. Es ist so leise, dass ich fast die Regenwürmer höre, wie sie aus dem Boden schiessen und sich im kalten nass suhlen. Schön.
Wie die Zeit vergeht. Menschen kommen und gehen, manche will man nie wieder loslassen, manche tauchen ab und man merkt, wie gut es einem plötzlich wieder geht ohne sie. Feiern, Trinken, Shots aufs Haus, Bekanntschaften und Liebschaften, Tränen, Schweiss, Hoffnung, Jubel, Trubel, Heiterkeit. Hossa.
Und ja, man wird älter. Sind ja keine Benjamin Buttons.
In genau 5 Monaten und 4 Tagen werde ich 30 Jahre alt. Alt. Alt. ALT! Fuck. Nun, eigentlich sollte mir das ja egal sein, man ist so alt, wie man sich fühlt, oder. Doch uff, 30 Jahre alt zu werden, nun, da stellt man sich schnell einige Fragen. Bin ich angekommen? Bin ich jetzt erwachsen? Was bin ich? Wer bin ich? Was mache ich? Ist es das jetzt oder war es das schon? Nebst diesen Fragen, die ich mir in letzter Zeit immer wieder stelle, auch dank eines eeeeeetwas jüngeren Herzmenschen, der mir dies immer wieder gerne hämisch unter die Nase reibt, dass ich ja schon ziemlich alt sei (natürlich witzig gemeint), mündet diese Feststellung, bald die 3 am Rücken zu haben, in echte Rückenschmerzen. Inklusive Nackenversteifung. Merci. Verdammt.
Heisst also, ich muss mit Sport beginnen. Juhuu. Ich mag Sport nicht wirklich. So gar nicht. Lieber gehe ich seniorenmässig für 3 Stunden im Wald spazieren, statt mich in swingerclub-ähnlichen Studios 30 Minuten in grellem Neonlicht abzustrampeln, zusammen mit schweissgebadeten, top-trainierten Menschen. Diese keuchenden Sportfanatiker sehe ich jedes Mal, wenn ich mir in der Migros am Bahnhof einen Dessert kaufen gehe. Nein danke. Ohne mich.
Was bleibt also einem Sporthasser wie mir denn nun noch? Genau: Yoga. Der Sport für die faulen Leute, wie ich es auch gerne nenne. Doch bis ich dann endlich mal in eine Stunde schaffe, rede ich zuerst drei Wochen darüber. Hey, immerhin. Der Wille ist schon mal da. Step by Step. Der innere Schweinehund bekämpfen. Aber langsam, sonst erschreckt er. Wir wollen ja niemanden erschrecken. Jedenfalls werde ich euch auf dem Laufenden halten, wie es sich mit meinen Yogastunden macht. Oder vielleicht auch nicht. Wir werden sehen.
Alles wird gut. Und das weiss ich. Auch wenn es nicht immer rosig zu und her geht. Leben halt. Und somit schliesse ich für heute mit einer kleinen Anekdote aus meiner neuen Wohnsituation.
Sonntagmorgen, 08:15 Uhr
Endlich Feierabend. Endlich zuhause. Endlich schlafen.
Doch, zu früh gefreut. Etwas wackelig auf den Beinen, da zu hohe Shuhe und etwas zu viel Alkohol, versuche ich die Wohnungstüre aufzuschliessen. Es klemmt. Hmm. Falscher Schlüssel? Nein. Ich versuche es erneut. Das Schloss macht keinen Wank. Hmm. Falsche Wohnung? Ich zähle die Stockwerke und schaue um mich. Ach ja, ich könnte ja auch auf die Klingel schauen. Doch, stimmt. Richtiges Stockwerk, richtige Wohnung. Nun ja. Heisst also, meine liebe Mitbewohnerin, die ich auch liebevoll "Mitbi" nenne (Ja, Abkürzungen sind wichtig!), hatte leider die Türe abgeschlossen und den Schlüssel im Schloss stecken lassen.
08:30 Uhr
Ich läute sturm. Immer und immer wieder. In der Wohnung tut sich nix. Klopfe, klopfe, klingle, klingle, chancenlos. Hämmere an die Türe, langsam werde ich etwas ungeduldig. Was nun? Die pennt. Und wenn sie pennt, dann pennt sie. Hmm. Mit Ach und Krach setze ich mich vor die Wohnungstüre (Ja, der Rücken...!) und zünde mir eine Zigarette an. Meine Schuhe habe ich auch schon längst ausgezogen, nun sitze ich hier wie ein vergessener Hund vor der Migros. Anrufen? Fehlanzeige! Mein Natel war zu diesem Zeitpunkt aus nicht weiter eingzuehenden Gründen gesperrt (jahaa, ich habe vergessen, die Rechnung zu bezahlen. Mit 30 darf mir das dann nicht mehr passieren, Verantwortungsbewusstsein und so), so konnte ich meiner lieben Mitbi auch nicht anrufen. Wobei ich daran zweifle, dass sie das überhaupt gehört hätte. Denke nicht.
08:45 Uhr
Seit einer geschlagenen halben Stunde klopfe, läute und rufe ich. Leider ergebnislos. Meine Schminke ist schon fast ganz ab, mein Kopf schmerzt, der Kater erwacht und ich will einfach nur noch ins Bett. Was jetzt? Spazieren in diesen Schuhen: Fehlanzeige! Und nur in den Socken draussen herumlaufen ist auch nicht die beste Idee. Sonst ruft noch jemand das Gelbe Wägeli. Gut. Also. Dann müssen halt die Nachbarn her.
09:15 Uhr
Nach weiteren Versuchen, die Mitbi zu wecken, gebe ich mich geschlagen und läute hilflos, betrunken und auch ziemlich bekifft bei unseren lieben Nachbarn, einem scheuen Seniorenpaar. Ich fühlte mich dreckig, ungewaschen und unglaublich übernächtigt, doch was blieb mir anderes übrig? Im Treppenhaus zu schlafen ist auch nicht gerade toll, vor allem mit diesem Rückenleiden. Bin ja auch keine 20 mehr. Nun gut.
Eine ältere Dame öffnet die Wohnungstüre, schaut mich fragend an und lässt ihren Blick von meinem Kopf bis zu den Schuhen (also Socken) schweifen. Etwas übereilig und etwas zu schnell erkläre ich ihr meine Not, doch weiss ich nicht wirklich, wie sie mir überhaupt helfen könnte. Doch irgend etwas muss ich doch tun! Sie bittet mich rein in ihre Wohnung, die genauso aussieht wie unsere, doch ganz, ganz anders. Der lange Gang wurde mit hübschen Clownbildern behängt, auf den alten, dunkelbraunen Kommoden tummeln sich Glasfiguren; Kängurus, Eulen, Pferde, undefinierbare Wesen, vielleicht Enten? Ich stoppe und schaue mir diese Figuren an. Die Nachbarin beobachtet mich fragend. "Kaffee?" - "Oh, sehr gerne!". Ich stehe plötzlich vor einem gedeckten Frühstückstisch, der Herr des Hauses sitzt gemächlich in seinem Sessel und blättert in der SonntagsZeitung. Etwas scheu setze ich mich zu ihm, begrüsse ihn lächelnd und schlürfe aus der geblümten Kaffeetasse. Ahhh. Guter Kaffee. Er schaut kurz auf, ein leichtes Lächeln huscht über sein Gesicht, bevor er mir wortlos seine schon gelesenen Zeitungsbünde hinstreckt.
Welch ein Szenario. Die übernachtigte, wohl ziemlich nach Alkohol und Rauch stinkende junge Nachbarin hockt am Sonntagmorgen in einer fremden Wohnung, lässt sich mit Kaffee bedienen und schaut Langlauf im Olympialand. Ich schiele auf den Balkon. Ahh, eine Zigarette, wie gut das jetzt wäre. Doch aus Anstand und Respekt belasse ich dies auch nur meiner Fantasie, rauchen kommt bei den Älteren ja nicht gut an. Will ja kein schlechtes Bild abgeben. Ha ha. Plötzlich plappere ich drauflos, selber erstaunt von meiner wiedergefundenen Energie. War wohl der heisse Kaffee.
09:30 Uhr
Nun versucht es sogar der Nachbar. "Er kümmere sich darum", meint er nur, bevor er aufsteht um mich aus dieser verflixten Misere zu retten. Doch auch sein Hämmern, Klopfen und Läuten nützt nichts, worauf er sich wieder zurück auf seinen Thron setzt und wortlos weiterliest. Schlüsseldienst anrufen? Hab doch kein Geld, verdammt! Langsam mache ich mir echte Sorgen. Was, wenn die Mitbi gestürzt ist? Blöd umgefallen und Kopf ab? Blöd umgefallen und Genick gebrochen? Umgeknickt in den High Heels und auf den Rand des Chéminées gelandet und Kopf ab? Ich schaue wohl zu viele Krimis. Ich lasse mir neuen Kaffee servieren und höre mich schwatzen. Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung mehr, was ich ihnen genau erzählt habe, doch musste es mit meiner Arbeit zu tun haben. Was ich noch weiss ist, dass ich ihnen erzählte, dass ich die ganze Nacht arbeiten musste. Die Antwort der Nachbarin darauf: "Ja, das kenne ich. Meine Schwiegertocher ist auch Krankenschwester." Hä? Auch? Ah. Hmm. Ich habe ihnen also gar nicht erzählt WAS genau ich nachts arbeite. Doch lieber lasse ich sie in dem Glauben, Krankenschwester zu sein, statt zu erklären, dass ich ja eigentlich in einem Club arbeite, so an der Bar und auch sonst halt so nachts, als Abendbetreuung oder was auch immer. Eine Art Krankenschwester ist das ja auch.
Ich blättere in den Gelben Seiten. Muss schon Jahre her sein, seit ich das letzte Mal in den Gelben Seiten geblättert habe. Ich glaube sogar, das letzte Mal war noch in der "Fundgrueb". Die war doch auch gelb, oder? Muss Jahre her sein. Jedenfalls suche ich nach einem Schlüsseldienst in Altstetten. Davon gibt es ungefähr 3'000. Mann, weiss doch auch nicht! Ich schlage das dicke Buch wieder zu und widme mich dem Kaffee inklusive blumiger Untertasse und der SonntagsZeitung. Vielleicht gibt es ja zufälligerweise einen Bericht, wie man am Besten in die eigene Wohnung einbrechen kann? Ich schiele wieder auf den Balkon. Hmm. Vielleicht kann ich ja über den Balkon auf unseren Balkon klettern? Nein. Nein! Keine gute Idee. Sonst ist mein Genick dann gebrochen oder der Kopf ab. Bin ja nicht gerade die sportlichste. Meine Arme kleben immer wieder an der weissen Plastik-Tischdecke. Es gibt Zopf, selbstgemachte Konfitüre, Butter und Honig. Doch mir ist nicht wirklich nach Essen zumute. Aber so gar nicht. Kaffee.
10:15 Uhr
So. Es reicht. Diese zwei Stunden waren gefühlte 24 Stunden. Ich möchte schlafen. Ich möchte in mein Bett. Ich möchte meine Trainerhosen anziehen und meine flauschigen Finken an den Füssen haben. Ein weiteres Mal klopfe, hämmere, poldere ich an die Wohnungstüre, genervt, ja, mehr als das, ich bin echt wütend.
Und dann, ein Zeichen! Halle-fucking-luja! Sie ist aufgewacht! Auferstanden! Ein Wunder! Völlig verpennt, zerzaust und verwirrt schliesst die Mitbi die Türe auf und ich kann nicht anders, als sie anzuschreien. Was denn ihr Problem wäre, wieso sie mein zweistündiges Klopf-und-Läut-Konzert nicht gehört habe, dass ich mir schon echte Sorgen gemacht hatte! Ich verabschiede mich mit vielen Dankeschöns bei meinen rettenden Nachbaren und verschwinde in meinem Zimmer. Meine Wut ist natürlich schnell verflogen, sie hatte es ja nicht mit Absicht gemacht. Ich bin einfach nur noch froh, mich in meinem Bett einzukuscheln und den ganzen Sonntag zu verpennen.
Als Dankeschön habe ich den Nachbarn ein kleine Aufmerksamkeit aus der Confiserie mitgebracht. Natürlich auch, um bei zukünftigen Zusammentreffen auch wieder so herzlich empfangen zu werden. Die Konsequenz dieses Schloss-Szenarios ist nun folgendes: Wir haben im Estrich eine Notschlafstelle eingrichtet. Mit einer Matratze, Kissen und Snacks. Not macht erfinderisch.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen